Eintauchen in die Welt des Bäckereihandwerks
Geführt wird sie seit Februar 22 von Bäckermeister Philipp Rhodmann. Zusammen mit Bäckermeister Stefan Mattmann und Konditorin Sarina Zierke sowie einer weiteren Konditorin arbeitet der gebürtige Schönhauser nach Jahren in anderen Bäckereien wieder in der Heimat - in Selbstständigkeit.
Was ein Bäcker alles zu tun hat, das wollte ich einmal hautnah miterleben. Deshalb stand ich um 1.30 Uhr in der Tür zur Backstube. Kurze Begrüßung: „Guten Morgen“ und schon gibt es eine weiße Schürze über meine weiße Malerhose. Bereits fünf Minuten später findet sich die erste Tätigkeit. Während die beiden Bäckermeister die Brote für das Backen vorbereiten, sammelte ich die Gärkörbe ein, stellte sie zur Seite, um Platz zu schaffen. Die Brote sind im Ofen, die Körbe müssen wohl sortiert zurück an ihre Plätze - griffbereit für die nächsten. Stefan Mattmann, der seit 24 Jahren in dieser Bäckerei seinen Lebensunterhalt verdient, erzählt zwischendurch interessante Geschichten. Auch Philipp Rhodmann ist ein gesprächiger Bäckermeister. Beide kennen sich nicht erst seit Februar. Einige Monate seiner Lehrzeit hatte der heutige Bäckerei-Inhaber bei Bäckermeister Ulrich Rode gelernt. Später war er noch einmal als Geselle im Betrieb. Nach Gesellenjahren in verschiedene Unternehmen und einer selbst finanzierten Meisterprüfung hatte er sich entschieden, die Jerichower Bäckerei zu übernehmen. „Und ich habe es nicht bereut“, sagt er. „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht. Damit werde ich nicht reich. Aber es macht mir Spaß.“
Ich höre gut zu. Als Handwerksmeister und Geschäftsführer kenne ich die Sorgen und Herausforderungen. Ich weiß um den Fachkräftemangel, um die Schwierigkeiten, junge Menschen zu finden, die sich noch für Handwerk interessieren.
Dann steht die nächste Aufgabe an. Der Teig für das Roggenmischbrot muss in Form gebracht werden. „Das sieht total einfach aus“, dachte ich, während ich Philipp Rhodmann beobachtete, selbst brauchte ich allerdings viel länger, um einen Laib zu formen. 15 verschiedene Brotsorten backen die Männer hier - nicht alle jeden Tag. Brötchensorten gibt es noch viel mehr. Sechs Tage pro Woche stehen sie von 23 bis 7.30 Uhr in der Bäckerei.
Zum Ende einer jeden Schicht muss noch viel geputzt werden. Auch das kenne ich aus meiner Branche. Der Arbeitsplatz ist gesäubert für den nächsten Teigtyp in dieser Nacht zum Samstag. Dann geht es in Richtung Ofen - der wird von je her mit Öl betrieben. Daran möchte Philipp Rhodmann auch nichts ändern. Die nächste Fuhre Brote kommt in den Ofen. Es ist kurz Zeit für ein Gespräch mit der Konditorin. Sarina Zierke lebt erst seit Januar in Schönhausen. Aus Peine, hier hatte Philipp Rhodmann zuletzt gearbeitet, ist sie in die Altmark gezogen. Seitdem ist sie zusammen mit einer Kollegin für die süßen Backwaren verantwortlich. In der Zwischenzeit ist der Brötchenteig, in einer der beiden großen Maschinen zubereitet, fertig für die Weiterverarbeitung. Hier werden die gleich großen Teigballen gewalzt. Dann müssen sie auf ein besonders Blech gelegt und anschließend in diese Maschine geschoben werden, die im Handumdrehen kleine Teigkugeln daraus formt. Daraus werden per Hand die Rohlinge für den Backvorgang geformt. Zuguterletzt müssen sie noch eingeschnitten werden, um die bekannte Brötchenform zu bekommen. Nach gut zwei Stunden sind die ersten Weißbrote und Mischbrote aus dem Ofen raus, als ein weiterer Backvorgang vorbereitet wird.
Meine Aufgabe jetzt: Brote mit Wasser bestreichen und eines davon mit meiner ganz eigenen „Signatur“ versehen. Zwischendurch ist Zeit für das Rohstoff-Thema. Die Magdeburger Mühlenwerke sind Lieferant der Bäckerei Rode. „Wir merken schon die Qualitätsschwankungen“, sagt der junge Inhaber. Aber noch werde Weizen und Roggenmehl geliefert. Direkt über der Backstube lagert es in Säcken und wird durch eine Luke in der Decke je nach Bedarf durch einen Stoff-„Trichter“ in die Behälter gefüllt. Auch dabei darf ich den Bäckermeister unterstützen. Zwischendurch werfe ich einen Blick auf weitere Backergebnisse - Grillstangen, mein eigenes Mischbrot und die Brötchen. Ich packe mit an, wenn die fertigen Backwaren in die Verkaufsstube gefahren werden. Ein Blick zur Uhr. Sie zeigt 4 Uhr. Normalerweise stehe ich jetzt auf, in dieser Nacht ist das jedoch anders. Während die Öfen für Brote und Brötchen weiter ihren Dienst tun, wird philosophiert über Arbeiten im Team, Verantwortung übernehmen, Nachwuchs finden, staatliche Unterstützung für das Handwerk, über Ausbildungs- und Meisterlehrgangs-Kosten. Philipp Rhodmann fühlt sich wohl in seinem eigenen Unternehmen. Er ist stolz auf sein Team und fühlt sich nicht als Einzelkämpfer, sondern weiß zu schätzen, was jeder hier an seinem Platz tut.
Um 5 Uhr steht bereits der erste Kunde im Jerichower Geschäft. In der Woche kann es auch schon mal 4.30 Uhr sein. Besonders beliebt bei vielen, die am frühen Morgen auf dem Weg zur Arbeit durch Jerichow fahren, sind die belegten Brote. Wir gehen um 5 Uhr das erste Mal nach draußen. Der neue Tag bricht an. Die Ware für das Geschäft in den Genthin wird in den Transporter verladen. Eine halbe Stunde später ist sie vor Ort. Die Verkäuferin erwartet bereits all das, was sie an diesem Sonnabend verkaufen wird. Der Verkaufswagen, mit dem die Bäckerei Rode Ortschaften in der Region beliefert, bleibt an diesem Wochentag stehen. Sieben Verkäuferinnen hat Philipp Rhodmann in seinem Unternehmen. Demnächst eröffnet er in Genthin noch ein Café. Um 6 Uhr ist für mich die „Nachtschicht“ beendet. Im der Verkaufsstube kauf ich noch ein - für das Frühstück zu Hause: Brötchen, für später Schokokuchen. Das selbst gestaltete Brot erhalte ich gratis mit auf den Weg - und obendrauf auch wieder neue Erfahrungen aus einem anderen, bis dahin für ihn verborgenen Handwerk.